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 Buchtipp



Denunziert. 
Jeder tut mit. 
Jeder denkt nach.
Jeder meldet.
von Herbert Dohmen
und Nina Scholz


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 Nationalsozialismus.at - Demokratie braucht Wissen! 

Anschlussbegeisterung und Volksabstimmung

Noch vor dem deutschen Einmarsch kam es zu pogromartigen Ausschreitungen der Wiener Antisemiten gegenüber Juden. Während Hitler unter dem Jubel Tausender in Österreich eintraf, begann das NS-Terrorsystem seine „Arbeit“: Verhaftungen, erste Transporte ins KZ, öffentliche Demütigung von Juden usw.


(Hitler am Heldenplatz)
Beim Einzug Hitlers mit den deutschen Truppen über Braunau und Linz nach Wien wurde er von Tausenden Österreichern begeistert empfangen. Geschätzte 250 000 Menschen waren bei einer Kundgebung am Wiener Heldenplatz und entlang der Ringstraße. Diese waren zum Teil überzeugte Nazis und zum Großteil Schaulustige, Mitläufer und Opportunisten. Während Hitler durch Österreich fuhr, begann bereits der NS-Terror: 50 bis 70.000 Österreicherinnen wurden in den ersten sechs Wochen eingesperrt. Die Presse wurde von politisch Andersdenkenden „gesäubert“
und gleichgeschaltet. Prominente des Austrofaschismus, Kommunisten, Sozialisten, antifaschistische Künstler und vor allem jüdische Mitbürger wurden öffentlich gedemütigt, beraubt, enteignet und inhaftiert.

Die pogromartigen Ausschreitungen begannen bereits am 11. März, noch ehe das Land besetzt war. Juden wurden von öffentlichen Ämtern und Schulen ausgeschlossen (Vergleiche Haas 2001, S.45ff.)


Gründe für die Begeisterung

Es gab zahlreiche Gründe für die Begeisterung rund um den „Anschluss“ im Frühjahr 1938:

- Die wirtschaftliche und soziale Situation in den
  1930er Jahren war in Österreich katastrophal. Durch
  die Machtübernahme der Nationalsozialisten in
  Deutschland 1933 erfolgte wirtschaftlicher
  Aufschwung und Vollbeschäftigung durch die
  deutsche Rüstungswirtschaft. Die Folge der
  Errichtung eines autoritären Regimes in Österreich
  ab 1933 brachte keinen ähnlichen Aufschwung.
  Viele Menschen blickten daher sehnsüchtig nach
  Deutschland und erhofften durch die Macht-
  übernahme der Nazis ähnliche Konsequenzen
  für Österreich. Nach dem Einmarsch am 12. März


(Spatenstich zum Bau der Autobahn 
Salzburg - Wien)

  bis zur Volksabstimmung am 10. April 1938 über den bereits
  vollzogenen „Anschluss“ versuchten die Nazis durch populäre
  Maßnahmen (wie z. B. das Aufstellen von „Gulaschkanonen“) diese
  Hoffnungen zu verstärken.
Durch publikumswirksame Aktionen, wie
  den Spatenstich zum Bau der Autobahn Salzburg-Wien, hofften viele
  Menschen auf Arbeit.

- Neben einer äußerst wirksamen Propaganda hatte die Volksabstimmung
  auch zahlreiche prominente Fürsprecher (wie z. B. den ehemaligen
  Staatskanzler und Nationalratspräsidenten Karl Renner). Beispielhaft sei
  hier die Erklärung der österreichischen Bischöfe vom 18. März 1933
  angeführt:



(Wahlpropaganda)


"Am Tage der Volksabstimmung ist es für uns Bischöfe selbstverständlich nationale Pflicht, uns als Deutsche zu bekennen, und wir erwarten auch von allen gläubigen Christen, dass sie wissen, was sie ihrem Volke schuldig sind.“
(Zitiert nach Haas 2001, S.46)

- Aus dieser Erklärung wird ein Problem deutlich, dass der Historiker
  Ernst Hanisch als Identitätskrise bezeichnet hat (1994, S.308): In
  Österreich herrschte kein starkes Nationalgefühl. Die Bevölkerung sah
  ihr Land als „zweiten deutschen Staat“, die Menschen
  wussten nicht recht, wer sie nun waren: Deutsche oder Österreicher?
  Denn diese Frage wurde immer von oben bestimmt: Der von vielen
  gewünschte Anschluss an Deutschland wurde 1919 (Friedensvertrag von
  St. Germain), 1922 (Genfer Anleihe) und 1932 (Lausanner Anleihe)
  verboten. 1934 zwang ihnen der Austrofaschismus die Liebe zum
  Heimatland Österreich auf, in denen sie die „besseren“, weil katholischen
  Deutschen waren (Haas 2001, 29). 1938 war es schließlich nicht
  schwierig, die Menschen als Deutsche zu definieren.


Volksabstimmung vom 10. April 1938


(Stimmzettel)

Nachdem eine erste Terrorwelle über das Land hinweggegangen war, wurde die Volksabstimmungspropaganda unter der Leitung deutscher Berater und Parteifunktionäre zu einem großangelegten Schauspiel der Monopolpartei und des Staates. Die „Wiedervereinigung“ mit dem Deutschen Reich wurde mit 99,6 Prozent der Wahlberechtigten bestätigt.
Auf vielfältige Weise hatte die Mischung von Terror, Einschüchterung, Versprechen, Propaganda, Begeisterung und fast perfekter Organisation dieses Ergebnis bewirkt. Die Wahlbeteiligung lag bei 99,7 Prozent. Bei dieser Volksabstimmung waren 360.000 Österreicher (8 Prozent der Bevölkerung) nicht wahlberechtigt. Diese Personen durften als Juden oder politisch Verfolgte nicht abstimmen. Es gab praktisch kein Wahlgeheimnis, die Flüsterpropaganda ließ geheime Kontrollen befürchten, die Einschüchterung war erheblich und alternative Propaganda undenkbar. Es war daher gar nicht erforderlich gewesen, das Ergebnis im 


 (Propaganda)


(Im Wahllokal)

großen und ganzen direkt zu fälschen. Es wurde nach innen und außen der Eindruck vermittelt, als hätte „das ganze Volk“, alle Österreicherinnen, dem „Anschluss“, der ohnehin nicht mehr rückgängig zu machen war, zugestimmt. Der Völkerbund nahm die Ereignisse kommentarlos zur Kenntnis (Vergleiche Haas 2001, S.47; Botz/Ellmauer/Prenninger 1998, S.10).



Im Lexikon:


- Austrofaschismus
- Faschismus

- Hitler, Adolf
- Pogrom
- Völkerbund

(...zurück)

erstmals veröffentlicht: 01.03. 2003 - aktualisiert am:  10.10.2003

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