Waldheim
Affäre
Während
des Präsidentschaftswahlkampfes 1986 wurde die
NS-Vergangenheit des ÖVP Kandidaten Kurt Waldheim bekannt.
Dieser stritt die Vorwürfe ab und behauptete, dass er –
genau so wie Tausende Österreicher auch – nur seine
Pflicht erfüllt habe.
Kurt
Waldheim war der Kandidat der ÖVP für die
Bundespräsidentenwahl 1986. Seine Kriegsvergangenheit
am Balkan und die
Mitgliedschaft in NS-Organisationen (SA-Reitersturm und
NS-Studentenbund) wurden zum |
(Aufregung
im In-...)
(...und
Ausland) |
Wahlkampfthema.
Waldheim stellte seine Kriegsvergangenheit nur
unvollständig dar und stritt seine Mitgliedschaft in
SA und NSDStB ab. Zwei Jahre
lang wurde im Nachrichtenmagazin profil
und in den internationalen Medien (vor allem Washington
Post und New
York Times) seine
Vergangenheit enthüllt. Das Thema hatte auch Auswirkungen
auf die inneramerikanische Politik. Am 25. März 1986
beantragte der World Jewish Congress (WJC) die Eintragung
Waldheims in die „watchlist“ des amerikanischen
Justizministeriums. Am 27. April 1987 wurde dem stattgegeben
und Waldheim durfte nicht mehr in die USA einreisen.
(Vergleiche Gehler/Sickinger 1995, S.679ff.; Gehler 1997).
Waldheim verteidigte sich folgendermaßen: „Ich
habe im Krieg nichts anderes getan, als Hunderttausende
andere Österreicher, nämlich meine Pflicht als Soldat
erfüllt.“
(Neues Österreich, ohne Jahr zitiert nach Uhl 2001, S.26).
Durch diese Rechtfertigung rückte der Opferstatus der
Österreicher ins Zwielicht. |
Trotzreaktion
und jüdische Vorurteile
Die Kritik
an Waldheim führte in Österreich in erster Linie zu einer
Trotzreaktion und zur Solidarisierung mit Waldheim. Auch die
meisten Medien stellten sich hinter Waldheim. In der Kritik
wurde nicht mehr vom WJC gesprochen, sondern einfach von
„den Juden“. Der Verdacht der „Weltverschwörung“
– ein altes antisemitisches Vorurteil – wurde offen
angesprochen (Vergleiche Gehler/Sickinger 1995, S.680).
Auch der
ORF, seinem Statut gemäß zu Objektivität verpflichtet,
transportierte judenfeindliche Vorurteile (Wodak/Menz/Lalouschek
1989, S.38ff). Eine Analyse der ORF-Berichterstattung während
des Wahlkampfes 1986 zeigt dies deutlich. Es
"wurden
Verschwörungstheorien konstruiert, der jüdische
Weltkongress als 'Drahtzieher einer internationalen
Kampagne' dargestellt.
Gleichzeitig gelang es, systematisch den Eindruck zu
erzeugen, Österreich sei ein Opfer des Auslands und des Jüdischen
Weltkongresses. Judenfeindlichkeit wurde also durch
Chauvinismus ergänzt. Man setzte Waldheim letztlich mit
Österreich gleich, Angriffe gegen Waldheim wurden als
Angriffe gegen Österreich interpretiert. In der gesamten
Medienlandschaft – auch im ORF – wurde eine Ingroup
und eine Outgroup errichtet: „Wir (= Waldheim = Österreich)
und „sie“ (= das Ausland = Jüdischer Weltkongress =
Juden). Bei der Hintertür schlich sich das alte Feindbild
„Jud“ wieder herein."
(Ebenda)
Die
Diskussion um Waldheim wurde teilweise sehr unsachlich geführt.
Einen Tiefpunkt stellt wohl die Argumentation des damaligen
ÖVP-Generalsekretärs Michael Graff dar:
"Wenn
man Waldheim nicht nachweisen kann, dass er sechs Juden
eigenhändig erwürgt hat, ist er jedenfalls unschuldig."
(„Entgleisungen
quer durch die Parteien“, Salzburger Nachrichten, 22.
September 2001)
Immerhin
musste Graff nach dieser Aussage, auch auf Grund
internationaler Kritik, zurücktreten. In der Stichwahl am
8. Juni 1986 errang Waldheim 53,89 Prozent der Stimmen. Das
war das beste Ergebnis, das ein nicht amtierender Bundespräsident
bisher in Österreich erzielt hatte.
Kein
Rücktritt
Es wurde
eine internationale Historikerkommission eingesetzt, die am
8. Februar 1988 ihre Ergebnisse präsentierte. Sie legte
Waldheims Rolle bei Weitergabe und Austausch von Nachrichten
(„Feindlageberichte“) offen, die der Festlegung von
Zielen für „Säuberungsaktionen“ gedient hatten.
Weiters bestätigte sie Waldheims Mitgliedschaft in SA und
NSDStB. Waldheim bezeichnete den Bericht fälschlicherweise
als „umfassende Entlastung“. Er erklärte kurz darauf in
einer Fernsehansprache, dass er „nicht der Verleumdung“
weichen werde und trat nicht zurück. (Sickinger/Gehler
1995, S.680f.)
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erstmals
veröffentlicht: 1.03. 2003 - aktualisiert am: 10.10.2003
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