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Denunziert. 
Jeder tut mit. 
Jeder denkt nach.
Jeder meldet.
von Herbert Dohmen
und Nina Scholz


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Opfermythos (Fortsetzung)

Kein Staat – Keine Verantwortung

Österreich verdrängte erfolgreich seine in der Deklaration angesprochene Verantwortung. Damit wurden einerseits Entschädigungszahlungen abgewehrt. Der "Opfermythos" wurde völkerrechtlich begründet und konzentrierte sich auf den „Anschluss“ im März 1938: Österreich habe 1938 völkerrechtlich zu existieren aufgehört: Es gab keinen österreichischen Staat und keine österreichische Regierung. Aus diesem Grund wurde keine Verantwortung übernommen. Die Geschichte des Nationalsozialismus wurde von der Geschichte Österreichs getrennt. Der Umstand, dass Tausende Österreicherinnen den Anschluss begrüßten und an den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen teilnahmen, wurde vergessen und tabuisiert. Den Österreichischen Politikern gelang es auch, eine Mitverantwortungs-Klausel aus dem Staatsvertrag von 1955 zu streichen.

Die Grünen stellten im Mai 1992 eine parlamentarische Anfrage über die „Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus, die Wahrnehmung dieser Verantwortung sowie die Entschädigung der Opfer“. Die Antwort der SPÖ-ÖVP Regierung:

„ ‚Die Regierung verweist darauf, daß  das Verhalten der deutschen Organe, die Österreich okkupierten, Österreich völkerrechtlich nicht zurechenbar ist’ und daß daher keine Antwortpflicht bestehe.“ (Hauer 1994, S.150)


Heldenverehrung: Ein Widerspruch zum „Opfermythos“

Wie sehr die Konstruktion des österreichischen Opferstatus dazu diente, sich aus der Verantwortung zu ziehen, wird deutlich, wenn man den innerösterreichischen Umgang mit der NS-Vergangenheit betrachtet. Die österreichischen Wehrmachtssoldaten waren hier nicht die Opfer, sondern die Helden, die die Heimat verteidigten. Österreichische  Politiker sprachen


(Kriegerdenkmal)

(Inschrift des
 Kriegerdenkmals)

bei der Enthüllung von Kriegerdenkmälern den ehemaligen Wehrmachtssoldaten ständig ihren Dank für die Pflichterfüllung und Opferbereitschaft bei der Verteidigung der Heimat aus (Uhl 2001, S.23ff; Uhl 2002, S.14). Hier zeigt sich der verlogene Umgang mit der Vergangenheit wohl am deutlichsten: Gerade der Opferstatus war ja in der Unabhängigkeitserklärung von 1945 festgehalten worden. Es war darin klar formuliert, dass das „(...) macht- und willenlos gemachte Volk Österreichs in einen sinn- und aussichtlosen Eroberungskrieg geführt (...)" wurde (Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs vom 27. April 1945. St.G.Bl 1/1945).

Also: Einerseits waren die Österreicher die Opfer, die zu einem Eroberungskrieg gezwungen wurden. Andererseits wurden die österreichischen Wehrmachtssoldaten als Helden, die ihre Heimat verteidigt hatten, geehrt und gewürdigt. Diese Auffassung, die seit Beginn der 1950er Jahre in Österreich stark verbreitet wurde, diente auch als Werben um das große Wählerpotential der ehemaligen Nationalsozialisten.

"Während bei den Verhandlungen um den Staatsvertrag die Forderung nach Streichung der Mitschuld-Klausel erhoben wurde, mit der Begründung, dass die Österreicher ebenso wie die Angehörigen anderer besetzter Gebiete gezwungen worden waren, ‚in der verhassten Kriegsmaschine zu dienen’, sprachen österreichische Politiker bei Kriegerdenkmalenthüllungen den ehemaligen Wehrmachtssoldaten ihren Dank für die Pflichterfüllung und Opferbereitschaft bei der Verteidigung aus. Wenn aber die Frage nach der Verantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes gestellt wurde – wie bei den Forderungen nach materieller Entschädigung für jüdische NS-Opfer – , entzog man sich unter Hinweis auf die Rechtsposition der Opfertheorie, wonach seit März 1938 kein österreichischer Staat und keine österreichische Regierung bestanden hätten." (Uhl 2001, S.25)

Widerstandskampf wurde an den Rand gedrängt bzw. als „kommunistisch“ abgestempelt – ein Umstand, der zur Zeit des beginnenden Kalten Krieges von großer Bedeutung war. Verstärkt wurde das Ganze dadurch, dass die weitere politisch-gesellschaftliche Entwicklung Österreichs nicht im Zeichen der Widerstandkämpferinnen und NS-Opfer stand, sondern von der Generation der Kriegsteilnehmer und ehemaligen Nationalsozialisten dominiert wurde (Neugebauer 2000, S.187). In dieser Hinsicht ist es auch verständlich, dass beispielsweise Wehrmachts-Deserteure in Österreich – im Gegensatz zu Deutschland – bis heute nicht rehabilitiert sind. Sie haben auch noch keine Entschädigung erhalten.


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erstmals veröffentlicht: 01.03. 2003 - aktualisiert am:10.10.2003   

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