Antidemokratische
Entwicklung
Ende
der 1920er Jahre setzten politische Veränderungs-
bestrebungen
ein. Diese gingen vor allem von der christlich- sozialen
Partei und den Heimwehren aus. Die Bekämpfung der
Wirtschaftskrise belastete große Teile der Bevölkerung.
Der regierende Bürgerblock verlor in der Folge viele
Wählerstimmen, was durch das Aufkommen der
Nationalsozialisten verstärkt wurde. Um trotzdem in der
Regierung zu bleiben, schlug die Regierung Dollfuß einen
autoritären Kurs ein – ein Prozess, der bereits 1932
begonnen hatte!
Mit der
Verfassungsnovelle von 1929 waren die Veränderungs-
bestrebungen des politischen Systems noch nicht beendet (z.
B. Pfrimer-Putsch im September 1931). Die Frage der
politischen Veränderungen spitzte sich 1932 zu, als zur
wirtschaftlichen Krise (siehe Kapitel Weltwirtschaftskrise)
eine politische Krise hinzu kam (Vergleiche Tálos/Manoschek
1988, S.36): Die Nationalsozialisten wurden auch in Österreich
um 1930 immer stärker. Bei den Nationalratswahlen im
November 1930 erhielten sie über 100.000 Stimmen,
jedoch noch kein Mandat. Bei den Landtagswahlen in Wien,
Niederösterreich, Salzburg, Kärnten und der Steiermark im
April 1932 erzielten sie einen ersten großen Erfolg: Die
Stimmen der Nationalsozialsten stiegen in bestimmten
Gebieten um das Sechsfache an. Insgesamt erhielten sie 336.000 Stimmen. Ihre Wähler kamen vor allem aus dem großdeutschen
Lager, aber auch die Heimwehr und die Christlichsozialen
verloren viele Stimmen. Die Angst der Christlichsozialen
Partei vor Parlaments-Neuwahlen nahm in der Folge zu. Die
Sozialdemokraten, die ihren Stimmenanteil halten konnten,
forderten ebenso wie die Nationalsozialisten Neuwahlen (Vergleiche
Dusek
u.a. 1988, S.198).
Die
Regierung Dollfuß
Die
Politik der wirtschaftlichen Krisenbekämpfung, welche zu
Belastungen großer Teile der Bevölkerung führte, hatte
also zu einem Zerfallsprozess des traditionellen bürgerlichen
Lagers geführt. Zu diesem Zeitpunkt bildete der
Christlichsoziale Engelbert Dollfuß eine neue Regierung
(Mai 1932). Für diese Regierung, die mit einer Mehrheit von
nur einem Mandat regierte, war klar: Sie würde bei
Neuwahlen sehr schlecht abschneiden. Es gab daher nur einen
Weg, die politische Macht zu sichern. Die Ausschaltung jener
Institutionen und Bewegungen, die diese Macht gefährdeten:
Parlament und Opposition.
Die neue
Regierung hatte zwei Möglichkeiten zur Durchführung ihrer
Krisenlösungspolitik:
1. sich
mittels Notverordnungen durchzusetzen.
2. das
Parlament auszuschalten.
(Tálos/Manoschek
1988, S.39)
Beginn
der autoritären Regierungsweise
Beim
Amtsantritt von Dollfuß war die Regierung noch nicht
eindeutig auf einen autoritär-faschistischen Kurs
festgelegt (Dusek u.a. 1988, S.199). Doch bald zeichnete sich
ein autoritäres Regieren ohne Einbeziehung des Parlaments
ab: Die Regierung versuchte durch Einschränkung des
Parlamentarismus sowie durch einen verschärften Kampf
gegen die Sozialdemokratie ihre Machtposition abzusichern.
Damit wollte sie gleichzeitig die Voraussetzungen für eine
Krisenlösungspolitik auf dem Weg der Budget- und
Bankenpolitik sowie eine Ausweitung der Belastungspolitik
schaffen.
Die Möglichkeit
dazu bot das kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz
vom Juli 1917. Gestützt auf dieses Gesetz erließ die
Regierung am 1.Oktober 1932 eine Verordnung bezüglich der Haftung der für
den Zusammenbruch der Creditanstalt verantwortlichen
Funktionäre. Dieses Vorgehen hatte beinahe keinen
wirtschaftlichen Effekt, dafür einen politischen: Es diente
als Versuch der Regierung, einen autoritären Kurs
einzuschlagen (Vergleiche Tálos/Manoschek 1988, S.37ff). Oder in
den Worten von Bundeskanzler Dollfuß:
„Die
Regierung (...) geht Schritt um Schritt auf ihrem
vorgezeichneten Weg weiter (...). Die Tatsche, daß es der
Regierung möglich ist, selbst ohne vorherige endlose
parlamentarische Kämpfe sofort gewisse dringliche Maßnahmen
in die Tat umzusetzen, wird zur Gesundung unserer Demokratie
wesentlich beitragen.“ (Reichspost,
4. Oktober 1932)
Dieser
1932 eingeleitete Prozess wurde schließlich durch ein
parlamentarischen Ereignis vom 4. März 1933 beschleunigt:
Die Ausschaltung des Parlaments stützte sich dabei
auf die Zustimmung des Bundespräsidenten, auf die
christlichsoziale Partei, auf die Heimwehren, auf die
Unternehmerverbände, auf die katholische Kirche und auf
Italien, dem wichtigsten außenpolitischen Partner Österreichs.
(Vergleiche Tálos 1988, S.358).
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erstmals
veröffentlicht: 1.03. 2003 - aktualisiert
am: 10.10.2003
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