Politische
Entwicklung
Durch
die Niederlage im Ersten Weltkrieg war Österreich von einer
großen Monarchie zu einer kleinen, demokratischen Republik
geworden. Der Beginn dieser Republik war gekennzeichnet
durch einen starken Willen zur Zusammenarbeit zwischen den
Sozialdemokraten und den Christlichsozialen, welche allerdings
nicht dauerhaft war. Im Laufe der Zeit verschärften sich
die weltanschaulichen Gegensätze der verschiedenen Lager immer
mehr, was zur Gefährdung der Demokratie führte.
Als
grundlegend für das Verständnis der Entwicklung in der
Ersten Republik gilt: Das politische System Österreichs war
im internationalen Vergleich spät- und unterentwickelt. Die
Entwicklung der Verfassung und des Verfassungsstaates wurde
durch militärische Erfolge der Habsburger verhindert. Erst
zwei wesentliche Niederlagen – 1859 gegen Piemont und
Frankreich, 1866 gegen Preußen und Italien – zwangen den
Kaiser, die absolute durch eine konstitutionelle Monarchie
zu ersetzen.
Dieses
Entwicklungsmuster setzte sich im 20. Jahrhundert fort:
Niederlagen von österreichischen Armeen beziehungsweise von Armeen, in
denen Österreicher kämpften, waren für die Entwicklung
von Demokratie und Parlamentarismus sehr förderlich (sowohl
1918 als auch 1945). Die Demokratie kam also von außen –
und nicht von innen, etwa durch eine erfolgreiche
Revolution. (Vergleiche Pelinka 2000, S.18)
Die Anfänge der Republik
(Ausrufung der Republik)
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Die
Republik Österreich – der deutschsprachige Rest
der Habsburgermonarchie – war eine Gründung der
Parteien. Kaiser Karl I. hatte abgedankt. Die
Parteien ergriffen die Macht und riefen am 12. November 1918
die Republik Deutschösterreich aus.
Gleichzeitig verkündeten sie den „Anschluss“ an
Deutschland. Es wurde eine „Provisorische
Staatsregierung“ unter Staatskanzler Karl Renner (SDAP)
eingerichtet. |
Im
Vertrag von St. Germain (1919) wurde der Anschluss
an Deutschland verboten und der Name der neuen
Republik auf Österreich festgelegt. Die Selbständigkeit
der Republik Österreich wurde somit von außen
erzwungen.
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(Karl Renner in
St.Germain)
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Politische Verhältnisse
Nachdem
die Deutschnationalen die Allparteienregierung aus Protest
gegen das Anschlussverbot verlassen hatten, regierten bis
1920 die Sozialdemokraten und die Christlichsozialen
gemeinsam. Resultat dieser durch Konsens geprägten Phase
war das Bundesverfassungsgesetz (B-VG) von 1920. Damit war
diese „Große Koalition“ allerdings am Ende. Zwischen
1920 und 1933 regierten die Christlichsozialen in
verschiedenen Koalitionsvarianten mit den beiden kleinen
Parteien, die aus den Deutschnationalen entstanden waren:
Gemeinsam mit Großdeutscher Volkspartei und Landbund
formten sie den sogenannten Bürgerblock, während die SDAP
zur Opposition bestimmt war.
Die
Novelle zum B-VG 1929 stärkte zwar – wie von den
Christlichsozialen gefordert – die Position des Bundespräsidenten,
der Nationalrat behielt jedoch seine Macht.
Politische Situation am Ende der Republik
Dieser
Kompromiss konnte die Auseinanderentwicklung von „Bürgerblock“
und SDAP nicht verhindern. Die Situation am Ende der
Republik sah folgendermaßen aus:
- Die
Christlichsozialen waren zwischen den Sozialdemokraten und
den
erstarkenden Nationalsozialisten eingeengt. Sie sahen
keine Chance,
auf der Grundlage von demokratischen Wahlen eine
regierungsfähige
Mehrheit im Nationalrat zu gewinnen. Daher drängten sie verstärkt
auf
eine Abkehr von Parlamentarismus und Verfassung.
- Die Sozialdemokraten sahen sich selbst als Verteidiger von
genau
dieser Verfassung und der Republik.
- Die
österreichischen
Nationalsozialisten wurden Beginn der 1930er
Jahre sehr stark. So erreichten sie zum Beispiel bei den
Gemeinderatswahlen am 24. April 1932 in Wien 17,4 Prozent (Wahlen
1930:
2,3 Prozent) der Stimmen (Botz 1976, 187). Gestärkt durch
Hitlers
Machtergreifung im Jänner 1933, wollten sie einen Anschluss an
das
nationalsozialistische Deutschland. Sozialdemokraten und
Christlichsoziale
hatten den Wunsch nach dem Anschluss gerade
wegen Hitlers
Machtergreifung aufgegeben.
(Vergleiche Pelinka 2000, S.22ff.)
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erstmals
veröffentlicht: 1.03. 2003 - aktualisiert am: 10.10.2003
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