Nr. 5
»Die ehemals österreichischen
politischen Bezirke
Radmannsdorf, Krainburg und Stein«(1)
NATIONALSOZIALISTISCHE DEUTSCHE ARBEITERPARTEI
Gauleitung Kärnten
Gau-Grenzlandamt Fernruf:
Nr. 475
Amtliche Umsiedlungsstelle
Ihr Zeichen: Klagenfurt,
den 21. 8. 1940.
Mein Zeichen: M. K./P. Gasometergasse
— Ecke Platzgasse
Gegenstand: Denkschrift.
An
das
Auswärtige
Amt Abteilung Partei
Berlin W8
Wilhelmstr. 74—76
In Ergänzung zur
Denkschrift über das sogenannte Asslinger Dreieck(2) lege ich eine kurze
Zusammenstellung über die ehemals österreichischen politischen Bezirke Radmannsdorf,
Krainburg und Stein, die heute das Gebiet des sogenannten Asslinger Dreiecks
bilden, vor.
Heil Hitler!
Der Leiter des
Gaugrenzlandamtes:
SS Obersturmbannführer
1 Anlage.
Einschreiben.
Die ehemals österreichischen politischen Bezirke
Radmannsdorf, Krainburg und Stein.
Lage, Grösse und
Bodenkultur.
Die 3 ehemaligen
österreichischen politischen Bezirke Radmannsdorf, Krainburg und Stein liegen
in Oberkrain und umfassen die zwischen den Karawanken und den Julischen Alpen
gelegenen Täler der oberen Save und ihrer beiden Quellflüsse, der Wurzener- und
der Wocheiner Save, sowie die fruchtbaren Becken von Radmannsdorf, Krainburg
und Stein. Sie haben zusammen einen Flächeninhalt von rund 2800 km2 und
zählten 1931 135.000 Einwohner. Davon entfielen im Jahre 1900
35.100 ha. auf Ackerland
32.400 ha. auf Wiesen
2.492 ha. auf Gärten
40.400 ha. auf Hut- und Alpenweiden
131.700 ha. auf Wald.
Beschäftigung der
Bewohner.
Die Hauptbeschäftigung der
Bewohner ist Landwirtschaft und Viehzucht. Die Zahl der Rinder (1900 : 64.000)
ist sehr ansehnlich (Übersicht 1 b). Sehr bedeutend ist die Eisenindustrie in
der Gegend von Assling (Eisen- und Stahlwerke der Krainischen
Industriegesellschaft in Sawa und Jauerburg. Bergbau von den Deutschen
im 14. Jahrhundert begründet. Neumarktl besass (und besitzt noch heute) eine
lebhafte Lederindustrie (Gerbereien, Schuhfabriken), Baumwollspinnereien,
Webereien und Holzindustrie, Domschale eine von eingewanderten Tirolern
begründete blühende Strohhutfabrikation, Veldes am Veldersee Fremdenindustrie.
In St. Anna am Fuss des Loibl ein Ouecksilberbergwerk.
Verkehrsgeographische
Verhältnisse.
Verkehrsgeographisch sind
die 3 Bezirke Durchgangsland für den lebhaften Verkehr, der zu allen Zeiten von
Süddeutschland, Böhmen und dem Wiener Becken über Salzburg, Obersteier und
Kärnten nach Görz und Triest zur Adria ging. Vor der Erbauung der Eisenbahnen
spielte namentlich der Loiblpass (1370 m) eine grosse Rolle (römischer
Saumpfad, Strassenbau 1575, weiterer Ausbau unter Karl VI.), besonders seit der
Erwerbung Triests durch die Habsburger (1382). Für 1844 wurde der Transithandel
von Oberösterreich, Wien und Obersteier über den Loibl nach Laibach und Triest
und zurück auf 77.749 Wiener Zentner geschätzt (nach Süden hauptsächlich Eisen-
und Stahlwaren, nach Norden Kolonialwaren und Schweine). Auch der Seebergpass
(1218 m) und der Wurzenpass (1073 m) erfreuten sich seit dem 14. Jahrhundert
eines lebhaften Verkehrs. Über den Seeberg gingen Eisenwaren nach Süden,
Meersalz und Kolonialwaren nach Norden, über die Wurzen Triester Waren nach
Salzburg. Diese Strassen wurden durch die Erbauung der Karawanken- und
Wocheinerbahn nahezu stillgelegt. Über die Bedeutung dieser Bahn und des
Gebietes von Assling für den internationalen Verkehr siehe die Denkschrift
über Assling.
Geschichtliches,
Besiedlung.
Oberkrain bildete schon im
10. Jahrhundert eine eigene Mark des Deutschen Reiches. Sie wird zum erstenmal
973 genannt und unterstand bis 1002 dem Herzog von Kärnten. Sitz des Markgrafen
war das zentral gelegene Krainburg, das älter ist als Laibach. Hier befand sich
schon in der Langobardenzeit vermutlich eine langobardische Kastell zum
Schutze gegen die Einfälle der Awaren (grosses langobardisches Gräberfeld bei
Krainburg). Später wurde die Mark Krain mit der Mark an der Sann (der
»windischen Mark«) vereinigt und bildete sie mit dieser nach wechselvollem
Schicksal seit dem 14. Jahrhundert das Herzogtum Krain. 1809—1849 war der
Villacher Kreis, 1826—1849 auch der Klagenfurter Kreis administrativ mit Krain
vereinigt.
Für die Besiedlung waren
die zahlreichen deutschen geistlichen und weltlichen Grundherren entscheidend,
die hier meist durch Schenkungen der deutschen Könige und Kaiser ausgedehnten
Grundbesitz erwarben. So erhielten das Bistum Freising die ganze Gegend um
Bischoflack und die Täler der Selzacher- und Pöllander Zaier, das Bistum Brixen
die Täler der Wurzener und Wocheiner Sawe mit Veldes. Die kärntnischen Grafen
von Ortenburg und ihre Nachfolger, die Grafen von Cilli, besassen im
Mittelalter die nördliche Talseite der Wurzener Sawe. Krainburg und Stein
gehörten den Kärntner- Spanheimern.
Diese deutschen Grundherren
zogen zahlreiche deutsche Kolonisten aus Bayern, Kärnten und Tirol herbei, was
sich sprachlich bis in das 19. Jahrhundert hinein auswirkte und auch kulturell
von grösster Bedeutung wurde, so dass man Oberkrain als alten deutschen
Kulturboden bezeichnen kann. Zur Zeit Valvasors (um 1680) hörte man unter den
Oberkrainern dreierlei Sprachen, die »rechte krainerische«, die »rechte
deutsche« und eine »aus der krainerischen und deutschen untereinander gemengte«
Sprache. Insbesonders war die deutsche Sprache in der Gegend um Bischofslack
Feichting noch im 17. Jahrhundert stark verbreitet. Die Gemeinde Zarz im
hintersten Tal der Selzacher Zaier bildete bis in die 70er Jahre des vorigen
Jahrhunderts eine deutsche Sprachinsel. Auch die Eisenindustrie, die früher im
Tal der Wocheiner Save und Selzacher Zaier blühte, zog viele Deutsche an. In
Krainburg wurde noch 1730 ein deutsches Passionsspiel aufgeführt vor
zahlreichen Zuschauern mit grossem Erfolg und Stein war nach dem Steuerbuch von
1545 von 150 bürgerlichen Familiennamen 1 Drittel deutsch.
Sprachliches und
Völkisches.
Seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts, insbesonders seit den 60er Jahren, wurde das Deutschtum in
Oberkrain durch die fortschreitende Zunahme eines fanatischen slowenischen
Nationalbewusstseins und die Entwicklung der politischen Verhältnisse noch mehr
zurückgedrängt. Dennoch hielt es sich im Industriegebiet von Assling, wo
deutsche Werksbeamte und Arbeiter mit ihren Familien eine starke, volksbewusste
deutsche Sprachinsel bildeten, die bis zum Jahre 1918 Ortsgruppen des Deutschen
Schulverein, der Südmark, einen deutschen Turnverein und Gesangsverein, einen
Alpenvereinsgau eine 4 klassige deutsche Volksschule und einen deutschen
Kindergarten besass, sich fast ganz in deutschen Händen befand, und in
Domschale (bis 1918 dann in Neumarktl (alter deutscher Markt; bis zum
Weltkrieg Ortsgruppen des Deutschen Schulvereines und der Südmark, deutscher
Gesangsverein, deutsche Volksschule und deutscher Kindergarten), wo die
blühende Industrie deutsche Privatvolksschule, deutscher Gesangsverein,
deutsche Bücherei), wo zur Zeit des Weltkrieges noch 4 Fabriken und auch der
umliegende Grossgrundbesitz in deutschen Händen waren.
Seeland.
Zum Bezirk Krainburg gehört
heute auch die ehemals kärntnische Gemeinde Seeland. Sie liegt zwischen dem
Seeberg und den »Sieben Brunnen«, einer Schlucht des Kankertales, die eine
gute, natürliche Grenze darstellt und daher seit vielen Jahren bezw.
Jahrhunderten die alte Grenze Kärntens bildete. Der Bürgermeister Muri sprach nach
dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie im November 1918 beim
Nationalpolitischen Ausschuss des Landesverwesers von Kärnten vor, mit der
Bitte, dafür einzutreten, dass Seeland bei Kärnten verbleibe. Die
Deutschösterreichische Nationalversammlung hat jedoch im Gebietsgesetz vom 22.
November 1918 stillschweigend auf Seeland verzichtet und der
Deutschösterreichische Staatsrat hat in der Vollzugsanweisung vom 3. Jänner
1919 die Gemeinde Seeland ausdrücklich aus dem deutschösterreichischen Staatsgebiet
ausgenommen. Als Grund für diesen heute unverständlichen Verzicht wurde
angegeben, dass die Gemeinde Seeland jenseits der Wasserscheide liege.
Klagenfurt, im August 1940.
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(1) PA AA Bonn, Pol. XII, Bd. 7, (8 S.).
(2) Siehe Dok. Nr. 3.