Nr. 4

 

Schreiben des Reichsministeriums des Innern über die

Grenzziehung in der Steiermark in den Jahren 1918—1919(1)

 

DER REICHSMINISTER DES INNERN                         Berlin, den 12. August 1940.
VI b 4027/40                                                                   NW 7, Unter den Linden 72
8410 s

 

An das

Auswärtige Amt.

 

Betrifft: Grenzziehung in der Steiermark in den Jahren 1918 und 1919.

 

Anliegend übersende ich eine im Auftrage des Südostdeutschen Instituts von Dr. Hermann Ibler ausgearbeitete Schrift »Des Reiches Südgrenze in der Steiermark«(2) mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Mit der Übersendung der Schrift hat das Institut nachstehende Be­merkungen verbunden:

Der unbedingte Wille der Bevölkerung für den Verbleib bei Deutsch­österreich wurde besonders deutlich bei der Kaiser—Audienz im Mai 1918, der Kundgebung der windischen Gemeinden des Pettauer—Feldes (Seite 19 f), der Kundgebungen zahlreicher deutscher Gemeinden (Seite 24 f) und am Marburger Bluttag vom 27. Jänner 1919 (Seite 32 f).

Wie wenig der Wille der Bevölkerung damals beachtet wurde, zeigen auch die Schilderungen lokaler Volksabstimmungen im Abstaller-Felde (Seite 64 f) und im Übermurgebiet (Seite 69 f).

Auf Seite 44 f wird die Behandlung der Marburger Frage in St. Germain geschildert. Die Abstimmung für diesen Bereich der Untersteiermark war auf Grund der gerechten und ohnedies bereits in bescheidensten Masse gehaltenen Forderungen Deutsch—Österreichs und durch das Betreiben des Vertreters Italiens bereits beschlossen. In letzter Stunde gelang es den vereinigten slowe­nisch-französischen Intrigen jedoch diesen Beschluss wieder zu Fall zu bringen.

Besonders bemerkenswert sind die Bekenntnisse der Slowenen, die auf Seite 49 bis 51 wiedergegeben werden.

Sie bringen darin klar zum Ausdruck, dass sie den Besitz der Unter­eiermark lediglich den Franzosen Clemenceau und Tardieu verdanken, die keine Mittel gescheut haben, um das Gebiet durch einen Zwangsspruch an Südslawien zu überantworten.

Gerade aus diesem Bekenntnis wird deutlich, dass es sich bei der Abtre­tung der Untersteiermark vom geschlossenen deutschen Lebensraum nicht um ein lokales Problem, sondern einen Teil der planmässigen Vergewaltigung des deutschen Volkes durch die Westmächte in den Pariser Vororten handelt.

In der Unnatur der Grenzziehung im Süden der Steiermark wurde dem Geist von St.

Germain ein Denkmal gesetzt, das die Schmach dieses Zwangs­spruches alle, die diese Grenze kennen, stets wieder aufs neue empfinden lässt.

Besonders wichtig erscheinen mir die beiden Karten am Schluss (Anhang I u.II.)

 

Im Auftrag

gez. Wagner.(3)

 

Beglaubigt

 

Kaltschmidt

Min. Kanzleiobersekretär

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(1) PA AA Bonn, Pol. XII, Bd. 7, (1S).

(2) Siehe Dok. Nr. 1, Anm. 6.

(3) Kurt Wagner