Nr.3
Denkschriften des Gaugrenzlandamtes NSDAP in Kärnten
»Das Miesstal« und »Das Dreieck von Assling«(1)
NATIONALSOZIALISTISCHE
DEUTSCHE ARBEITERPARTEI
Gauleitung
Kärnten
Gau-Grenzlandamt Fernruf
Nr. 475
Amtliche Umsiedlungsstelle
Mein Zeichen: M. K./P. Klagenfurt, den 24. Juli 1940
Ihr Zeichen:
Gasometergasse-Ecke Platzgasse
Gegenstand: Denkschrift über das
Miesstal und das Asslinger Dreieck.
GEHEIM!
An die
Dienststelle des Beauftragten der NSDAP für
aussenpolitische
Fragen (Aussendienststelle Ribbentrop)(2)
in Berlin W 8
Wilhelmstrasse 63
Anliegend überreiche ich Ihnen Denkschriften über
das Miesstal mit dazugehöriger Karte und über das sogenannte Asslinger Dreieck
mit Kartenskizzen.(3)
Ich habe diese Denkschriften(4) dem
Regierungspräsidenten von Kärnten(5) und dem mit der Führung des Gaues
Kärnten beauftragten Kreisleiter Dr. Karl Pachneck überreicht.(6)
Im Falle Miesstal und Unterdrauburg handelt es sich
um altkärntnerisches Gebiet, das gegen jedes Recht durch den Friedensvertrag
von St. Germain von Kärnten gegen den Wunsch der Bevölkerung ohne
Volksabstimmung losgetrennt wurde.
Das sogenannte »Asslinger Dreieck« war, wie aus der
Denkschrift ersichtlich ist, schon nach
dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie als eine Art Kompensation für
das Land Kärnten in Aussicht genommen. Die Zuteilung dieses Asslinger Dreieckes
zu Kärnten bzw. zu Deutschland dürfte nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern
nicht zuletzt auch aus militärischen Gründen nicht nur vertretbar, sondern
notwendig sein. Ich mache hiebei aufmerksam dass z. B. auch die
Karawankengrenze keinesfalls als eine befriedigende militärische Grenze zu
bezeichnen ist, da die Grenze auf dem Kamme selbst verlauft und von der Petzen
bis zur Wurzen der Nachbarstaat von diesen beherrschenden Höhen weit in deutsches
Land hineinblickt. Die Karawanken sind auch auf unserer Seite schroff und
schwer besteigbar, während sie auf der anderen Seite bis zu den Höhen hinauf
bewaldet und bemattet sind. Ich glaube, dass gerade die Frage des Asslinger
Dreieckes von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist, weshalb ich mir erlaube,
gerade auch Ihrer Stelle im Einvernehmen und im Auftrage des mit der Führung
des Gaues Kärnten beauftragten Kreisleiters sowohl die Asslinger als auch die
Miesstaler Denkschrift zu überreichen.
Heil
Hitler!
Der
Leiter des Gaugrenzlandamtes:
Maier
Kaibitsch
SS
Obersturmbannführer
5 Anlagen(7)
Einschreiben.
_______________________
(1) PA AA Bonn, Pol. XII, Bd. 7, (9 5.).
(2) Die
Denkschrift über das Miesstal hatte ihr Verfasser Alois Maier Kaibitsch sofort
verschiedenen Dienststellen übermittelt. Ein
Exemplar erhielt auch der Gauleiter der
NSDAP und Reichsstatthalter in Salzburg Dr.
Friedrich Rainer und sandte es am 16.7. 1940 über seinen Adjutant Leo Kreiner
dem Auswärtigen Amt. (Ebda.)
Ein zweites Exemplar erhielt das Auswärtige Amt am
14. 8. 1940 vom Nationalsozialistischen Reichskriegerbund in Berlin. (Ebda.)
(3) Die
Denkschrift über das sogenannte Asslinger Dreieck erhielt im Juli 1940 auch die
Kanzlei des Stellvertreters des Führers der NSDAP (spätere Parteikanzlei) in
München. Ihr Leiter Martin Bormann sandte ein
Exemplar dieser Denkschrift am
29. Juli 1940 dem Reichsaussenminister J. v.
Ribbentrop in Bad Fuschl. (Ebda.)
(4)
Beide Denkschriften sandte der stellvertretende Gauleiter der NSDAP in Kärnten
Franz Kutschera nach seiner Rückkehr aus der
deutschen Wehrmacht dem Chef der
Abteilung Protokoll im Auswärtigen Amt Gesandten
Alexander Freiherr von
Dörnberg, der sie dann der Abteilung Deutschland
übermittelte. (Ebda.)
(5) Dr.
Vladimir Pawlowski.
(6) Der Stellvertretende Gauleiter der NSDAP in Kärnten
Franz Kutschera hatte im
Frühling
1940 am Westfeldzug teilgenommen und blieb noch eine Zeit bei der deutschen
Wehrmacht in Frankreich.
(7) Neben den 2 Denkschriften wurden in Anlagen auch 3
Skizzen übermittelt.
Das Miesstal.
Grösse und Verkehrslage.
Das Miesstal, ein Gebiet
mit rund 360 km2, immer
zu Kärnten gehörig, wurde ohne Volksabstimmung und gegen den Willen der
Bevölkerung im Gewaltfrieden von St. Germain dem südslawischen Staate
einverleibt. Es zählt gegen 20.000 Einwohner.
Die das Miesstal
durchlaufende Bahnlinie Klagenfurt—Marburg ist ein Teil des Verkehrsdreieckes
Graz—Bruck——St. Veit—Villach—Klagenfurt—Graz. Es ist heute so, dass, wenn man
auf direktem Wege von der Gauhauptstadt Klagenfurt in die Kreisstadt Wolfsberg
fahren will, über heute südslawisches Gebiet, durch das Miesstal fahren muss,
also durch einen fremden Staat, um wieder in den eigenen Gau zu gelangen.
Das ganze Gebiet neigt
infolge seiner natürlichen Abgegrenztheit von Natur aus zu Kärnten und gehörte,
wie schon erwähnt, bis zum Friedensdiktat zu Kärnten, mit dem es auf das engste
wirtschaftlich verbunden war. Seine bekanntesten Märkte waren Bleiburg,
Völkermarkt und vor allem Klagenfurt.
Wirtschaft.
Wirtschaftlich ist das
Miesstal reich mit Bodenschätzen gesegnet. Es besitzt ca 19.000 ha
vortrefflichen Hochwald
3.700 ha Ackerland
3.200 ha Wiesen
3.400 ha Almen.
Den Hauptreichtum des
Tales aber bilden die ausserordentlich reichen Bleiberge Von Miess- und
Schwarzenbach, in denen 1915—1917
durchschnittlich 11.000 Tonnen Blei erzeugt wurden und ungefähr 1.500 Arbeiter
beschäftigt waren. Nach dem Weltkrieg ging das Bergwerk in den Besitz einer
englischen Gesellschaft, »Continental European Mines« über, die die Produktion
noch bedeutend gesteigert hat. Ausser Bleierzen finden sich auch Zinkerze und
Braunkohle bei Liescha und am Homberg. Das Stahlwerk Streiteben erzeugte
während des Weltkrieges durchschnittlich 50.000 MZ Stahl. Die Hälfte der
Bevölkerung des Miesstales ist in der Industrie beschäftigt, der Rest Kleinbauern
und landwirtschaftliche Arbeiter.
Infolge der natürlichen
Verkehrslage und wegen der Abgeschlossenheit gegen Süden und Osten gehörte das
Miesstal mit dem Gebiet von Unterdrauburg und die Becken von Mahrenberg und
Windischgraz schon im frühen Mittelalter zum alten, deutschen, von Kaiser Otto
II. 976 gegründeten Herzogtum Kärnten. Während das Miesstal bis zum
Friedensdiktat bei Kärnten verblieb, kam das Becken von Mahrenberg im 12., das
von Windischgraz im 15. Jahrhundert zu Steiermark. Die grössten Orte,
Unterdrauburg das schon 1180 genannt wird, Gutenstein, Prävall usw. sind
deutsche Gründungen. Im 15. Jahrhundert wurden die ersten Eisenhämmer errichtet
und die Industrie im Miesstal entwickelte sich zur bedeutenden Höhe. Das
grösste Werk war Prävali, einst der Stolz Kärntens.
Die Industrie des
Miesstales verdankt ihre Entstehung und ihre Blüte ausschliesslich deutscher
Tatkraft und Unternehmungslust.
Sprachliche und
völkische Verhältnisse.
In der Völkerwanderungszeit
war das Miesstal von Ostgermanen besiedelt. Die ersten im 12. und 13.
Jahrhundert urkundlich auftauchenden Namen sind ausschliesslich deutsch. Später
wanderten Slawen ein, jedoch ist das Deutschtum seit Jahrhunderten dauernd
bodenständig. Sämtliche Urkunden, Protokolle und andere schriftliche
Niederschläge des Rechtslebens, das auf durchaus deutscher Grundlage beruht,
sind mit Ausnahme der lateinischen aus dem frühen Mittelalter, in deutscher
Sprache abgefasst. In Unterdrauburg und Gutenstein gab es um die Mitte des 18.
Jahrhunderts nur deutsche Schulen. Nun liegen die volkspolitischen Verhältnisse
im Miesstal ebenso wie im übrigen Kärnten, also wie im Jauntal, Rosental, und
im Wörtherseegebiet. Wenn sich auch ein Teil der Bevölkerung der windischen
Umgangssprache bedient, so ist im Miesstal der grösste Teil dieser Bevölkerung
deutschgesinnt. Wenn auch im Miesstal, sowie in dem südöstlichen Teil
Kärntens im Oktober 1920 eine Volksabstimmung stattgefunden hätte, hätte
weit mehr als die Hälfte der abstimmungsberechtigten Bevölkerung sich schon
damals zum deutschen Kärnten bekannt.
Die Jugoslawenzeit.
Nach dem Zusammenbruch der
Monarchie marschierten im November 1918 südslawische Abteilungen im Miesstal
ein, um nicht nur dieses, sondern um weiteren Verlauf auch noch weitere Teile
des übrigen Kärntens für den südslawischen Staat in Besitz zu nehmen.
Südslawische Abteilungen besetzten auch Ende des Jahres 1918 Bleiburg, Völkermarkt,
Ferlach, Arnoldstein usw. Es kam zu den Kärntner Freiheitskämpfen. Im Verlauf
dieser Kämpfe wurde beim Vormarsch der Kärntner im Mai 1919 auch das Miesstal
zur Gänze befreit. Unter den Kärntner Freiheitskämpfern waren mit, die
tapfersten Freiwilligen aus dem Miesstal. Als die serbischen Kriegsdivisionen
mit vielfachen Übermacht zum Gegenangriff schritten, musste auch das Miesstal
mit dem gesamten nachmaligen Kärntner Abstimmungsgebiet nach schweren
Rückzugsgefechten von den Kärntner Truppen geräumt werden. Während nun für
das übrige Gebiet die Volksabstimmung zugestanden wurde, verwehrte man den
Miesstalern dieses hart erkämpfte Recht. Zahllos sind die
Denkschriften und Vorsprachen der Miesstaler aus den Jahren 1919 und 1920 bei
der Kärntner Landesregierung und der damaligen interaliierten
Militärkommission, die eine zeitlang in Klagenfurt weilte, in denen Miesstaler
um Gerechtigkeit baten und gleichfalls eine Volksabstimmung verlangten.
An leitender Stelle in
Kärnten schätzte man die Zahl der deutschgesinnten Miesstaler schon im Jahre
1920 auf mindestens 75% und hätte eine Volksabstimmung im Miesstal das
Gesamtergebnis nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert.
Im Laufe der letzten Jahre
wanderten allerdings zahlreiche Deutsche, die unter schwerem Drucke standen,
ab. Wenn jedoch bei der südslawischen Zählung im Jahre 1921 behauptet wurde,
dass von den 15.000 Einwohnern höchstens 10% deutsch seien, so ist dies
unrichtig. Es liegen auch heute noch die Verhältnisse im Miesstal so, dass die
Mehrheit der Bevölkerung zurück nach Kärnten und zu Deutschland will. Diese
Hoffnung und dieser leidenschaftliche Wunsch werden von Tag zu Tag stärker und
trotz scharfer Absperrmassnahmen durch südslawisches Militär kommen fast
täglich Abgesandte der deutschen Miesstaler nach Kärnten mit dem Wunsche und
der heissen Hoffnung sich Gewissheit zu holen, dass das Miesstal nicht vergessenes
deutsche Land ist.
Klagenfurt, den 8. Juli
1940.
f. d. Maier Kaibitsch
SS-Obersturmbannführer
Das Dreieck von Assling.
Das sogenannte Dreieck von
Assling spielte in den Pariser Friedensverhandlungen eine im Vergleich zu
seiner Grösse ganz unverhältnismässige Rolle. Man verstand darunter die Täler
der beiden Quellflüsse der Save, der Wurzener- und der Wocheiner Save, die sich
wie ein Keil zwischen das ehemalige Österreich und das Königreich Italien mit
seinen gegenwärtigen Grenzen hineinschieben (Beilage 1). Es wird im Norden von
den Karawanken (Mittagskogel 2143 m), im Süden von den Julischen Alpen
(Triglav 2864 m) begrenzt. Die Karawanken werden durch den Karawankentunnel
zwischen Rosenbach und Assling (Jesenice), die Julischen Alpen durch den
Wocheinertunnel zwischen Wocheiner Feistritz (Wohinska Bistrica) und
Piedicolle (Adelsberg) durchbrochen. Im Nordwesten kommt man über die
Talwasserscheide von Ratschach nach Weissenfels (früher zu Krain gehörig, jetzt
italienisch) und weiter nach Tarvis, den Hauptort des ehemals kärntnischen,
jetzt italienischen Kanaltales. Im Osten schliesst sich das Becken von
Radmannsdorf an und fehlt hier eine klare Naturgrenze. Zieht man die Grenze
entlang dem tief eingeschnittenen Graben des Unterlaufs der Wurzener Save von
der Einmündung der Wocheiner Save bis zum Knie nördlich Veldes und von da
weiter in gerader Linie zum Hochstuhl, so umfasst das Gebiet (ohne Weissenfels)
ungefähr 870 km2 und zählte es 1910 22.800 Einwohner. Dehnt man das Asslinger
Dreieck aber über den ganzen ehemaligen politischen Bezirk Radmannsdorf aus,
wie es l919/20 gelegentlich von Italien vorgeschlagen wurde, so hat es einen
Flächenraum von 1045 qkm und zählte es 1910
32.800 Einwohner. Diese Gebiete sind, der Umgangssprache nach in der
Mehrheit slowenisch.
Das Gebiet ist zum grössten
Teil Waldland, nur im Becken von Radmannsdorf tritt der Ackerbau an erster Stelle.
Am herrlichen Veldesersee herrscht lebhafter Fremdenverkehr. Am Südhang der
Karawanken wurde in den Alpen und oberhalb Jauerburg seit dem Mittelalter
Bergbau auf Eisen betrieben, der von den Deutschen schon im 14. Jahrhundert
begründet wurde und Anlass zur Entwicklung einer lebhaften Eisenindustrie gab.
Die sehr leistungsfähigen Hochöfen und Eisen- und Stahlwerke der Krainer
Industriegesellschaft in Assling, Sawa und Jauerburg standen vor dem Weltkrieg
in hoher Blüte und gehören heute noch zu den bedeutendsten Werken Jugoslawiens.
Besondere Bedeutung hat das
Asslinger Dreieck durch seine Verkehrslage. Es wird nämlich von der Karawanken-
und Wocheinerbahn durchschnitten, die den Verkehr von Süddeutschland, Böhmen
und vom Wiener Becken nach Triest vermittelt. Von geringerer Bedeutung ist die
Bahnstrecke Ratschach— Assling—Laibach. Sie ging ursprünglich von Tarvis aus,
wurde aber nach dem Weltkrieg zerstückelt, so dass heute die Strecke
Assling—Tarvis lahmgelegt ist.
Auf der Friedenskonferenz
im Jahre 1919 verlangten die italienischen Delegierten mit Rücksicht auf den
Hafen von Triest hartnäckig, dass die Wocheiner- und Karawankenbahn unmittelbar
vom italienischen auf österreichisches Gebiet führe, dass also die
verhältnissmässig kurze Bahnstrecke, die über das Asslinger Dreieck führt,
nicht auf jugoslawisches Gebiet zu liegen komme. Doch sprachen sie sich gegen
die Zuweisung des Dreieckes an Italien aus, da Italien die Einverleibung
nichtitalienischer Völker vermeiden wolle, ausgenommen dort, wo Gebiete für die
Sicherheit Italiens gefordert würden. Massgebend für diese Haltung Italiens
scheint jedoch auch die Tatsache gewesen zu sein, dass der Londoner Vertrag
von 1915 das Asslinger Dreieck ausserhalb der von den Ententestaaten Italien
zugesicherten Grenze lag. Die italienischen Delegierten schlugen daher vor,
das Asslinger Dreieck Österreich zu geben. Dieser Vorschlag scheiterte an
dem Widerstande des englischen Aussenministers Balfour, der sich entschieden
dagegen aussprach, dass man die Jugoslawen des Asslinger Dreieckes von den
übrigen Jugoslawen trenne und Österreich, einem ehemaligen Feinde, zuweise; auch
könne man Österreich nicht auf die Südseite der Gebirgskette bringen, die die
natürliche Grenze zwischen Österreich und Jugoslawien sei, da man damit den
nördlichen Staaten eine Angriffsmöglichkeit gegen Jugoslawien biete. Auch die
deutsch-österreichische Regierung und die deutschösterreichische Delegation
lehnten unverständlicherweise ein vertrauliches Angebot ab, da nach Ansicht
dieser Vertreter der österreichischen Regierung eine Angliederung des Asslinger
Dreieckes an Österreich dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechtes
widersprochen hätte. Da die Frage trotz monatelanger Verhandlungen weder in der
Gebietskommission der Friedenskonferenz, noch im Rat der 5 Aussenminister,
noch im Obersten Rat (dem Rat »der Vier«) geklärt werden konnte, so wurde ihre
Lösung bis in die Zeit nach der Kärntner Volksabstimmung aufgeschoben, zumal ja
der Ausgang der Volksabstimmung für die endgültige
Entscheidung über das
Asslinger Dreieck nicht gleichgültig war. Kurz vor und unmittelbar nach der
Volksabstimmung hat der italienische Botschafter in Paris noch einmal die
Angliederung des Asslinger Dreiecks an Österreich angeregt, doch ging die
österreichische Regierung auch diesmal nicht darauf ein. Erst im Vertrag von
Rappallo vom 12. November 1920 wurde das Dreieck von Assling Jugoslawien
belassen und die heutige Grenze zwischen Italien und Jugoslawien gezogen.
Tatsächlich hatte die
Zerstücklung der Karawanken- und Wocheinerbahn schwere wirtschaftliche
Nachteile zur Folge. Abgesehen von den dreimaligen Zollrevisionen
(österreichische in Rosenbach, jugoslawische in Assling oder in Wocheiner
Feistritz, italienische in Piedicolle), die die Reisenden belästigen und den Personenverkehr
hemmen, hat auch der Warenverkehr nach Triest sehr gelitten, insbesondere in
den ersten Jahren nach dem Weltkrieg. Es verkehrten auf den Strecken:
|
|
Schnellzugs-
paare |
Personenzugs-
paare |
Güterwägen-
paare |
Zusammen-
paare |
Klagenfurt – Rosenbach:
|
1914
1922 1935 |
2
2 0 |
6
3 4 |
5
2 1 |
13
7 5 |
Villach – Rosenbach
|
1914
1922 1935 |
4,5
1 2 |
8
5 3 |
4,5
2 5 |
17
8
10 |
Rosenbach – Assling
|
1914
1922 1935 |
5
1 ? |
5,5
2 ? |
9,5
3 ? |
20
6 ? |
Assling – Triest
|
1914
1922 1935 |
5
2 ? |
5
4 ? |
9
2 ? |
19
8 ? |
Dir Strecke
Klagenfurt—Rosenbach hat den Schnellzugsverkehr vollständig, den Warenverkehr
zwischen Triest und dem Norden fast vollständig eingebüsst. Etwas besser steht
es mit der Strecke Villach—Rosenbach, hauptsächlich wegen des starken Verkehrs
von Süddeutschland nach Jugoslawien. Schon aus dem Rückgang des Verkehrs
zwischen Klagenfurt und Rosenbach sowie Villach und Rosenbach ergibt sich, dass
auch der Verkehr zwischen Assling
und Triest zurückgegangen sein muss. Genauere Zahlen darüber stehen nicht zur
Verfügung.
Die schädlichen Folgen der
Zerstücklung wirkten sich vor allem für Triest aus, aber auch für die deutschen
Wirtschaftsgebiete im Norden. Ohne Zweifel hat der Handel vom deutschen Norden
zur Adria stark abgenommen.
Zu beachten ist auch, dass,
wie Beilage II zeigt, die kürzesten Eisenbahnstrecken von Berlin nach Triest
über Assling gehen. Während nämlich die von Triest über Laibach, Marburg und
Wien nach Berlin führenden Strecken II a
und b 1300 und 1368 km lang sind, haben die über Assling laufenden Strecken 1
a, b, c nur eine Länge von 1085 bis 1192 km. Überdies laufen die Strecken II a
und b zwischen der deutsch-jugoslawischen Grenze in Untersteier und der
jugoslawisch-italienischen Grenze in Krain auf einer Strecke von etwa 150 km
auf jugoslawischem Gebiet, was nur bei einer vollständigen Änderung der
politischen Verhältnisse zu beseitigen wäre.
Schon vor dem Weltkrieg
waren die beiden von Triest nach Norden führenden Eisenbahnlinien, die
Wocheiner- und Karawankenbahn und die Südbahn, überlastet. Nach Schluss des
gegenwärtigen Krieges wird ohne Zweifel ein grosser wirtschaftlicher Aufschwung
in den beiden Achsenmächten einsetzen, der Hafen von Triest neue Bedeutung
bekommen und der Warenaustausch, zwischen dem Reich und Triest rasch zunehmen.
Es muss daher Vorsorge getroffen werden, dass die vorhandenen
Verkehrsmöglichkeiten voll und ganz ausgenützt werden können und alle
Verkehrshemmungen fallen. Es ist auch unerträglich, dass über 1000 km lange
Bahnlinien, die von Berlin nach Triest führen, durch ein 40 km langes, durch
fremdes Zollgebiet laufendes und den unmittelbaren Eisenbahnverkehr zwischen
dem Reich und Triest hinderndes Stück zerschnitten werden.
Die verkehrshemmenden
Schranken im Asslinger Dreieck müssen daher in irgendeiner Form beseitigt
werden, entweder durch die Angliederung an das Grossdeutsche Reich oder
zumindest durch Schaffung eines Korridors. Die erstere Lösung dürfte auch vom
militärischen Standpunkte aus die richtige sein.
Klagenfurt, im Juli 1940
Der Leiter des Gaugrenzlandamtes: